Verstehen, warum die Energieklassen sinken
Der Energieausweis ist ein unverzichtbares Dokument für Immobiliengeschäfte, das potenziellen Käufer und Mieter eine klare Vorstellung von den zu erwartenden Energiekosten und der Energieeffizienz eines Gebäudes vermittelt. Dieser Beitrag deckt alles ab, was Sie über den Energieausweis wissen müssen – von seinen grundlegenden Inhalten und seiner Bedeutung bis hin zu den Kosten und rechtlichen Konsequenzen bei Verstößen. Zusätzlich erfahren Sie, warum und wie Energieklassen abgewertet werden können.
Inhalte:
Was ist ein Energieausweis?
Grundlagen des Energieausweises
Ein Energieausweis ist ein offizielles Dokument, das den energetischen Zustand eines Gebäudes bewertet. Er garantiert jedoch keinen bestimmten Energieverbrauch, da dieser stark vom individuellen Nutzungsverhalten abhängt. Ähnlich wie ein Energieeffizienzlabel für Haushaltsgeräte ist der Energieausweis in der gesamten Europäischen Union vorgeschrieben. Er muss bei der Vermietung, Verpachtung und dem Verkauf von Immobilien vorgelegt werden und wird nach den technischen Bauvorschriften des jeweiligen Bundeslandes erstellt. Eine qualifizierte Fachperson muss den Ausweis ausstellen, und seine Gültigkeit beträgt in der Regel zehn Jahre.
Inhalte des Energieausweises
Ein Energieausweis enthält verschiedene Kennzahlen zur Bewertung der Energieeffizienz eines Gebäudes:
Heizwärmebedarf (HWB): Die Wärmemenge, die zur Beheizung benötigt wird.
Gesamtenergieeffizienzfaktor (fGEE): Die Effizienz des Gebäudes inklusive haustechnischer Anlagen.
Primärenergiebedarf (PEB): Der gesamte Energiebedarf des Gebäudes inklusive Energieaufbringung.
Kohlendioxidemissionen (CO2): Die durch den Energiebedarf verursachten Emissionen.
Warmwasser-Wärmebedarf (WWWB): Energiebedarf für die Warmwasserbereitstellung.
Heizenergiebedarf (HEBSK): Berücksichtigt zusätzlich die Verluste der Haustechnik.
Endenergiebedarf (EEB): Der gesamte Energiebedarf inklusive Haushaltsstrom.
Bedeutung und Nutzen des Energieausweises
Der Energieausweis spielt eine wichtige Rolle bei der Transparenz auf dem Immobilienmarkt. Er bietet Käufer und Mieter folgende Vorteile:
Kosteneinschätzung: Der Energieausweis hilft, zukünftige Energiekosten besser einzuschätzen, was eine wichtige Entscheidungsgrundlage darstellt.
Vergleichbarkeit: Die einheitliche Darstellung der Energieeffizienz ermöglicht den Vergleich verschiedener Immobilien und erleichtert so die Auswahl.
Bewusstsein für Energieeffizienz: Der Energieausweis sensibilisiert Eigentümer:innen, Käufer:innen und Mieter:innen für das Thema Energieeffizienz und fördert damit Maßnahmen zur energetischen Sanierung.
Energieeffizienzklassen:
Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung des spezifischen Heizwärmebedarfs, des Primärenergiebedarfs, der CO2-Emissionen und des Gesamtenergieeffizienz-Faktors (unter Berücksichtigung des Standortklimas). Die erreichten Werte werden jeweils in Energieeffizienzklassen von A++ bis G eingeteilt, wobei G die niedrigste Effizienz darstellt.
A ++: HWB Ref, SK max. 10 kWh/m²a = Passivhaus
A +: HWB Ref, SK max. 15 kWh/m²a = Niedrigstenergiehaus
A: HWB Ref, SK max. 25 kWh/m²a = Niedrigstenergiehaus
B: HWB Ref, SK max. 50 kWh/m²a = Niedrigenergiehaus
C: HWB Ref, SK max. 100 kWh/m²a = Standard Neubau nach TBV
D: HWB Ref, SK max. 150 kWh/m²a = Altes, unsaniertes Gebäude
E: HWB Ref, SK max. 200 kWh/m²a = Altes, unsaniertes Gebäude
F: HWB Ref, SK max. 250 kWh/m²a = Altes, unsaniertes Gebäude
G: HWB Ref, SK über 250 kWh/m²a = Altes, unsaniertes Gebäude
Praktische Bedeutung des Heizwärmebedarfs:
Wenn Sie gerade eine Wohnung suchen, sollten Sie besonders auf den Heizwärmebedarf (HWB-Wert) achten. Dieser Wert zeigt Ihnen, wie hoch Ihre Heizkosten ungefähr sein könnten. Er basiert auf einer angenommenen Raumtemperatur von 20 Grad. Natürlich hängen die tatsächlichen Kosten auch davon ab, ob Sie im Obergeschoss, in einer Randwohnung oder in der Mitte des Gebäudes wohnen und welche Temperatur Sie in Ihrer Wohnung bevorzugen. Trotzdem ist der Heizwärmebedarf ein guter Anhaltspunkt, um verschiedene Wohnungen zu vergleichen. Falls der Heizwärmebedarf nicht direkt für Ihre Wohnung, sondern nur für das ganze Gebäude angegeben ist, können Sie ihn selbst berechnen. Multiplizieren Sie die Wohnfläche mit 1,25, um auch die Wände mit einzubeziehen. Das Ergebnis ist die Bruttogeschossfläche, die Sie dann mit dem angegebenen HWB-Wert multiplizieren. So erhalten Sie den jährlichen Heizwärmebedarf in Kilowattstunden. Wenn Sie diesen Wert mit den Strom- oder Gaspreisen multiplizieren, können Sie Ihre Heizkosten für ein Jahr grob einschätzen.
Hier sind ein paar Beispiele, wie hoch Ihre Heizkosten ungefähr sind, wenn Sie Ihre Wohnung mit Strom-Radiatoren oder Gas beheizen. Wir haben drei Beispiele für eine 50 m² Wohnung berechnet:
Für eine Wohnfläche von 50 m² ergibt sich eine Bruttogeschossfläche von 62,5 m² (50 m² Wohnfläche mal 1,25).
Bei einem Heizwärmebedarf von 30 kWh/m² pro Jahr ergibt sich ein Bedarf von 1.875 kWh (62,5 m² × 30 kWh/m²). Bei einer Stromheizung kostet Sie das etwa 380,63 Euro pro Jahr (1.875 kWh × 20,3 Cent/kWh), und bei einer Gasheizung etwa 150 Euro pro Jahr (1.875 kWh × 8 Cent/kWh).
Bei einem Heizwärmebedarf von 150 kWh/m² pro Jahr ergibt sich ein Bedarf von 9.375 kWh (62,5 m² × 150 kWh/m²). Bei einer Stromheizung kostet Sie das etwa 1.903,12 Euro pro Jahr (9.375 kWh × 20,3 Cent/kWh), und bei einer Gasheizung etwa 750 Euro pro Jahr (9.375 kWh × 8 Cent/kWh).
Bei einem Heizwärmebedarf von 250 kWh/m² pro Jahr ergibt sich ein Bedarf von 15.625 kWh (62,5 m² × 250 kWh/m²). Bei einer Stromheizung kostet Sie das etwa 3.171,88 Euro pro Jahr (15.625 kWh × 20,3 Cent/kWh), und bei einer Gasheizung etwa 1.250 Euro pro Jahr (15.625 kWh × 8 Cent/kWh).
Diese Berechnungsbeispiele geben Ihnen eine Vorstellung davon, was die Energiekennzahl für Ihre Heizkosten bedeutet. Hinweis: Diese Beispiele gelten nicht für Wärmepumpen, da hier die Jahresarbeitszahl berücksichtigt werden muss.
Wer darf den Energieausweis ausstellen?
Der Energieausweis muss von einer befugten und qualifizierten Person ausgestellt werden. Berechtigt sind Gewerbetreibende in folgenden Sparten:
Baumeisterinnen/Baumeister
Elektrotechnik
Gas- und Sanitärtechnik
Heizungstechnik
Kälte- und Klimatechnik
Lüftungstechnik
Zimmermeisterin/Zimmermeister
Ingenieurbüros (für Bauphysik, Elektrotechnik, Gebäudetechnik, Innenarchitektur, Maschinenbau, Technische Physik, Umwelttechnik, Verfahrenstechnik)
Ziviltechniker:
Architektin/Architekt
Zivilingenieurin/Zivilingenieur und Ingenieurkonsulentin/Ingenieurkonsulent (für Bauingenieurwesen, Wirtschaftsingenieurwesen – Bauwesen, Technische Physik, Verfahrenstechnik, Maschinenbau, Gebäudetechnik)
Wann ist ein Energieausweis Pflicht?
Ein Energieausweis ist in folgenden Fällen erforderlich:
Bei Vermietung, Verpachtung oder Verkauf eines Gebäudes oder einer Wohnung
Als Beilage für einen Förderantrag bei Neubau, Sanierung oder Heizungstausch
Für bestimmte Neu- und Zubauten sowie größere Renovierungen von konditionierten Gebäuden
Ausnahmen von der Pflicht
Folgende Immobilien sind von der Pflicht eines Energieausweises ausgenommen:
Gebäude, die nur frostfrei gehalten werden
Objektiv abbruchreife Gebäude
Gebäude für religiöse Zwecke
Provisorisch für max. 2 Jahre errichtete Gebäude
Industrieanlagen, Werkstätten, deren Innenraumklima durch Abwärme aufgebracht wird, landwirtschaftliche Nutzungsgebäude
Ferienhäuser (Energiebedarf unter einem Jahresviertel)
Freistehende Gebäude mit weniger als 50 m² Nutzfläche
Kosten für den Energieausweis
Die Kosten für einen Energieausweis sind nicht einheitlich geregelt und hängen von mehreren Faktoren ab:
Bestimmungen im jeweiligen Bundesland
Ausstellungsstelle
Größe des Objekts
Vorhandene Unterlagen und Dokumentation der Immobilie
Ob eine Objektbesichtigung vor Ort im Preis inkludiert ist
Durchschnittliche Kosten
Ein- bis Zweifamilienhaus: etwa 300–500 Euro
Mehrparteienhaus: etwa 1 bis 2 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche
Bei alten Immobilien können die Kosten deutlich höher sein. Eine erhebliche Kostenreduzierung kann erreicht werden, wenn die Ausweise für mehrere ähnliche Wohnungen im selben Gebäude benötigt werden.
Wer trägt die Kosten?
Die Kosten für den Energieausweis werden vom Eigentümer der Immobilie getragen. Die Parteien können sich jedoch auf eine Kostenteilung einigen. Die Kosten für den Ausweis gehören zu den Instandhaltungskosten und nicht zu den Betriebskosten und müssen daher im Falle von Mietverträgen vom Vermieter getragen werden. Sie können diese Kosten jedoch auf die Hauptmiete der Immobilie aufschlagen.
Konsequenzen bei fehlendem Energieausweis: Was droht bei Verstößen?
Wenn der Verkäufer, Vermieter oder Immobilienmakler keinen gültigen Energieausweis vorlegt – entweder weil er älter als 10 Jahre ist oder komplett fehlt – handelt es sich um eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von bis zu 1.450 Euro geahndet wird.
Annahme der Gesamtenergieeffizienz: In diesem Fall wird die Gesamtenergieeffizienz der Immobilie basierend auf dem Baujahr und Gebäudetyp angenommen.
Erstellung auf eigene Kosten: Der Käufer oder Mieter kann auf eigene Kosten einen Energieausweis erstellen lassen und die Kosten innerhalb von drei Jahren nach Vertragsabschluss vom Verkäufer zurückfordern.
Rechtliche Schritte: Seit dem 1. Dezember 2012 kann ein Käufer oder Mieter den Verkäufer wegen Nichterfüllung der Zertifikatsanforderungen verklagen. Dies stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann ebenfalls mit einem Bußgeld von bis zu 1.450 Euro geahndet werden.
Schadensersatzansprüche: Wenn die tatsächliche Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes nicht den Erwartungen entsprechend dem Baujahr und Gebäudetyp entspricht, kann der Verkäufer oder Vermieter auf Schadensersatz oder Gewährleistung verklagt werden. Dies könnte zu einer Minderung des Verkaufspreises oder der Miete oder sogar zur Kündigung des Vertrags führen.
Wichtig zu wissen:
Die Pflicht zur Vorlage eines gültigen Energieausweises kann nciht durch vertragliche Vereinbarungen zwischen den Parteien ausgeschlossen werden. Solche Klauseln sind rechtlich unwirksam.
Warum werden Energieklassen abgewertet?
Bei der Erneuerung des Energieausweises stellen viele Immobilienbesitzer fest, dass die Energieklassen oft schlechter ausfallen als zuvor. Diese Abwertung kann verschiedene Ursachen haben und beeinflusst den Wert sowie die Attraktivität der Immobilie direkt. Mögliche Gründe hierfür sind:
Strengere gesetzliche Vorgaben
Regelmäßige Aktualisierungen von Verordnungen und Gesetzen können strengere Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden darstellen. Diese verschärften Standards führen dazu, dass Gebäude, die früher als effizient galten, nun schlechter bewertet werden.
Alterung des Gebäudes und der technischen Anlagen
Mit der Zeit können sich die Baustruktur und die technischen Anlagen eines Gebäudes verschlechtern. Heizungsanlagen, Fenster, Dämmmaterialien und andere Komponenten verlieren an Effizienz, was sich negativ auf die Energiebilanz auswirkt.
Veränderungen im Berechnungsverfahren
Die Methoden zur Berechnung der Energieeffizienz wurden über die Jahre hinweg verfeinert und angepasst. Neue Berechnungsmethoden berücksichtigen oft mehr Faktoren und sind genauer, was zu realistischeren, aber oft schlechteren Bewertungen führen kann.
Welche Dämmmaßnahmen helfen?
Dach- und Deckendämmung
Die Dämmung des Daches ist besonders wichtig, da warme Luft nach oben steigt und durch ein ungedämmtes Dach entweichen kann. Materialien wie Mineralwolle, Polyurethanschaum oder Zellulose sind gängig.
Weitere Infos zu verschiedenen Dämmmaßnahmen von Dächern findest du hier.
Außenwanddämmung
Eine effektive Außenwanddämmung kann den Wärmeverlust erheblich reduzieren. Systeme wie Wärmedämmverbundsysteme (WDVS), vorgehängte hinterlüftete Fassaden oder Kerndämmung sind dabei besonders wirksam.
Keller- und Bodendämmung
Die Dämmung von Kellerdecken und Bodenplatten verhindert den Wärmeverlust in den unteren Gebäudebereichen. Schaumglas, XPS oder EPS sind gängige Materialien.
Fenster und Türen
Der Austausch von alten Fenstern und Türen durch moderne, wärmegedämmte Modelle kann ebenfalls einen großen Beitrag zur Energieeinsparung leisten. Dreifachverglasung und gut gedämmte Rahmen sind hier entscheidend.
Fazit:
Der Energieausweis ist nicht nur ein Pflichtdokument beim Immobilienverkauf oder der Vermietung, sondern bietet wertvolle Einblicke in die Energieeffizienz eines Gebäudes. Für Eigentümer und Mieter gleichermaßen schafft er Transparenz und hilft, zukünftige Energiekosten und notwendige Sanierungen besser einzuschätzen. Gesetzliche Änderungen und die Alterung von Gebäuden können Energieklassen verschlechtern, was den Handlungsbedarf für energetische Verbesserungen verdeutlicht. Gezielte Dämmmaßnahmen und moderne, energieeffiziente Technologien können die Energiebilanz verbessern, Kosten senken und den Immobilienwert steigern.
Quellen: